Sonntag, 15. Juni 2014

Wohnungsführung für einen Kraken

Paul is back!

Plötzlich und unerwartet ist Orakel-Krake Paul aus den ewigen Jagdgründen zurückgekehrt. Vermutlich, um auch dieses Mal die Ergebnisse der Fußball-WM absolut sicher vorherzusagen. Zur Eröffnung der WM ist der Oktopode meinen Stricknadeln entsprungen, hat aber bisher noch gar nichts gesagt.

Er hat sich erst mal auf das Kopfteil meines Bettes gesetzt, hat mich angeglotzt und sich dann umgeschaut.
 Von da oben aus, hat er meine Nähmaschine (die tapfere kleine Wikingerin) entdeckt und ist gleich mal hingerannt, um sich die Fadenführung genauer anzusehen. Wehe, der hat die Fadenspannung dabei verändert... Bei acht Armen kann man nie alle auf einmal im Blick haben.
Vom Nähplatz aus, fiel Paul das Bügelbrett ins Auge. Schaut mal, wie er über das Brett rennt! Seitlich geht das auch! Wenn ich das versuche, brech ich mir alle Knochen.
Schnurstracks hat er das Bügeleisen angesteuert. Zum Glück war es aus, sonst hätte er sich aber ganz fiese Brandblasen geholt. Bah, versengter Tintenfisch riecht bestimmt ekelig...
Vom Bügelbrett aus hat er einen Riesensatz direkt auf die Türklinke gemacht. Das kleine Kerlchen ist aber zu schwach, um die Klinke runterzudrücken. Da hab ich ihm geholfen, damit er sich im Rest der Wohnung auch noch umsehen konnte. 
In der Küche ging's dann gleich rauf auf die Anrichte, wo mein Olivenöl stand. Er hat versuchte, den Deckel zu öffnen, aber die Flasche war noch neu und zu. Wäre sie schon mal geöffnet gewesen, wäre ihm das auch mit Sicherheit gelungen. Und ich hätte das ganze Olivenöl aus dem Teppich waschen können.
Am dreitürigen Spind hängen die Geschirrtücher und Paul sprang von Haken zu Haken und wirbelte wie ein Hütchenspieler die Tücher durcheinander. Nur auf meine ausdrückliche Bitte hin hat er kurz mal still gehalten, damit ich ein scharfes Foto machen konnte. 
Von meiner Geschirretagere hat er sich eine Tasse geschnappt ... 
... und ist dann weiter zur Teekanne. Dann verstand ich, dass er einen Tee wollte. Ich wollte gerade das Wasser aufsetzen, da hatte er schon wieder neue Flausen im Kopf.
Er spurtete rüber zum Telefon und fummelte mit seinen Tenakeln so lange in der Wählscheibe herum, bis die Arme total ineinander verhakt waren, da musste ich ihn erst mal wieder auseinanderknoten. Hier seht ihr den von der Prozedur etwas erschöpften Paul kurz auf dem Hörer ausruhen.
Vom Telefon aus ist er dann auch schon wieder weggeflutscht in den Flur. Dort hat er mein Welcome-Monster entdeckt, das nAdjA für mich gemalt hat. Ich hatte sie damals auf der ersten DeMO in Osnabrück mit ihren tollen Illustrationen gesehen und ein Gemälde bestellt. Zufällig hatte ich ein Stück meiner neuen Tapete in der Handtasche, zu der das Bild passen sollte. Und es ist ihr hervorragend gelungen, die Tapete mit einzuarbeiten. Seht ihr die rosa Eier, die das Monster in die untere rechte Ecke gelegt hat? Super, gell? Jedes Mal, wenn ich nach Hause komme, begrüßt mich das blaue Monster mit seinem spillerigen Blumenstrauß. Fantastisch! Farblich zum Bild passend hängt dort am Sicherungskasten auch noch ein geflügeltes Herz. Mit einem Zuckerstangen-Weihnachtsmuster... Aber, Paul, Du passt farblich gar nicht dazu. Husch, weg da!
Ja, das ist etwas besser! Paul hatte sich auf dem Bilderrahmen-Ensemble auf dem Schuhschrank positioniert. Die Geschichte zum Bild in dem Rahmen hab ich ihm dann auch noch erzählt. Die geht so: vor ein paar Jahren hat der Vermieter mir eine neue Wohnungstür verpasst. Aber die Handwerker haben geschlampt. Die neue Tür war schmaler als die alte, aber beigespachtelt wurde von innen nicht. Die ganze Hand konnte ich zwischen Tür und Wand durchstecken. Weil nichts weiter gemacht wurde, musste ich selber den Spalt schließen und den Flur renovieren. Dabei kam die herrliche Tapete mit den blassgrünen Blättern und den blauen Blüten zum Vorschein. In die Türzarge wurde beim Bau Zeitungspapier gestopft. "März 1962" konnte man da lesen und die halbe Überschrift "Pekings Arm reicht bis nach". Aus Zeitung und Tapete hab ich eine kleine Collage gemacht und eingerahmt. 
Paul hörte sich das sichtlich gelangweilt an und schleimte sogleich rüber ins Bad. Dort krallte er sich meine Antifaltencreme und die Zahnpasta. Ich machte gerade noch dieses Foto und musste dann schnell die Kamera hinlegen und ihn davon abhalten, den Inhalt der Tuben ins Waschbecken auszuquetschen.
Jetzt reicht's! Zurück ins Zimmer mit Dir!
Dort ist er dann ein bisschen im Bücherregal herumgeklettert. Da ich den Eindruck hatte, dass er gar nicht lesen kann, hab ich ihm alternativ das Stofferegal gezeigt.
Darin hat er sich auch gleich wie zu Hause gefühlt. Vermutlich weil er von da aus auf die Welt kam. Im Fach unten befinden sich all seine potentiellen Artgenossen aus merzerisierter Baumwolle in verschiedenen Blau- und Grüntönen.
Ach, nee, als könnte er kein Wässerchen trüben, schmeißt sich der Achtarmige an die Madonna ran und guckt ganz unschuldig. Das gehört sich aber nicht, die Dame zu belästigen. Ich hab ziemlich feste am Kopf gezogen, bis Pauls Arme endlich losgelassen haben. Ich hatte einen besseren Platz für den Kopffüßler.
So, hier auf dem Engelchen vor dem Fernseher kann Paul sitzen und sich alle WM-Spiele angucken. Die Fernbedienung verstecke ich aber vorsichtshalber. Und sobald Paul den Mund endlich aufmacht und verrät, wer gewinnt, sag ich euch sofort bescheid. Versprochen!

sonnige Grüße: christina ;)

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